Bei plötzlichem Abbruch langjähriger Geschäftsbeziehungen ist nach der jüngsten französischen Rechtsprechung die Haftung vertraglich zu qualifizieren (Cass. Com., 20.09.2017)

Mit Urteil vom 20.09.2017 hat die Kammer für Handelssachen des französischen Kassationsgerichtshofs ihre bisherige ständige Rechtsprechung aufgegeben, wonach, der plötzliche Abbruch von langjährigen Geschäftsbeziehungen als unerlaubte Handlung angesehen wurde (Cass. Com., 20.05.2014, n°12-26.705, 12-26.970 und 12-29.281 ; Cass. Com., 18.01.2011, n°10-11.885).

Das oberste französische Zivilgericht hat nämlich entschieden, dass eine Schadensersatzklage wegen plötzlichen Abbruchs langjähriger Geschäftsbeziehungen nicht eine unerlaubte Handlung (oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist) im Sinne der Brüssel I a –Verordnung darstellt, wenn zwischen den Parteien eine stillschweigende vertragliche Beziehung bestand.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt erhob ein französischer Vertreiber (Distributor) wegen plötzlichen Abbruchs von langjährigen Geschäftsbeziehungen gemäß Art. L.442-6 I 5° des französischen Handelsgesetzbuches beim Tribunal de commerce von Paris gegen einen belgischen Lieferanten Schadenersatzklage. Der belgische Lieferant rügte die Zuständigkeit des französischen Gerichtes zugunsten der belgischen Gerichte.

In dieser Entscheidung hat der französische Kassationsgerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts (Cour d’appel) von Paris bestätigt und ausgeführt, dass zwischen den Vertragsparteien eine stillschweigende vertragliche Beziehung bestand und die Schadensersatzklage aufgrund plötzlichen Abbruchs langjähriger Geschäftsbeziehungen daher vertraglich zu qualifizieren war. Da der vertraglich vereinbarte Lieferort der Waren in Belgien lag, waren die belgischen Gerichte zuständig (Art. 7-1° Bruxelles I a -Verordnung).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Kassationsgerichtshof in seiner Entscheidung – mit ausdrücklichem Hinweis hierauf – die jüngst ergangene Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH, 14.07.2016, C-196/15, Granarolo SpA/Ambrosi Emmi France SA) übernimmt.