Arbeitsvertrag: eine Probezeit von sechs Monaten ist nicht immer unangemessen

 

Gemäß Artikel L.1221-19 des französischen Arbeitsgesetzbuches darf die Probezeit in unbefristeten Arbeitsverträgen eine gewisse Dauer nicht überschreiten. Trotzdem hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass eine Branchenvereinbarung, die vor dem 26.06.2008 geschlossen wurde eine längere Probezeit vorsehen kann. Das Urteil vom 07.07.2021 der sozialen Kammer des französischen Kassationshofs enthält entscheidende Präzisierungen zum Ermessen der Richter bei Beurteilung der Angemessenheit der Dauer der Probezeit (Cass. soc., 7 juill. 2021, n°19-22.922).

 

Im vorliegenden Fall hat eine Versicherungsgesellschaft einen Verkaufsberater mit einer Probezeit von sechs Monaten entsprechend eines vor dem 26.06.2008 geschlossenen Tarifvertrags eingestellt. Nach drei Monaten hat der Arbeitgeber die Probezeit beendet. Der Arbeitnehmer hat das Arbeitsgericht angerufen.

 

In der ersten Instanz hat das Berufungsgericht entschieden, dass eine Probezeit von sechs Monaten unangemessen in Hinsicht auf deren Zweck ist. In der Tat hat diese zum Ziel dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben festzustellen, ob ihm die Arbeit zusagt. Außerdem schließt sie die Anwendung der Vorschriften zum Kündigungsschutz während ihrer Dauer aus. Für das Berufungsgericht handelt es sich daher um eine Kündigung ohne triftigen Grund.

 

Der französische Kassationshof hebt das Urteil der Berufungsrichter auf. Er stellt fest, dass der Richter nicht mit einer allgemeinen Aussage urteilen darf: er muss unter Berücksichtigung der Art der Beschäftigung entscheiden, ob die Probezeit angemessen ist oder nicht. Vor allem müssen die Richter die Art der dem Arbeitnehmer zugetrauten Aufgaben berücksichtigen.

 

In zwei anderen Urteilen haben die obersten Richter eine Probezeit von neun Monaten als angemessen (Cass. soc., 24 avril 2013, n° 12-11 825) und von einem Jahr als unangemessen für eine Führungskraft erachtet (Cass. soc., 11 janvier 2012, n° 10-17 945).