Die Haftung von Leitungsorganen nach französischem Recht
Die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung der Leitungsorgane von Gesellschaften ist immer häufiger ein Thema. Wie haften Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und sonstige Leitungsorgane nach französischem Recht?
Dem Geschäftsführer einer Gesellschaft können nicht nur Sanktionen drohen, wenn er Gesetze, Verordnungen oder die Satzung der Gesellschaft nicht einhält, sondern auch, wenn er seine Führungsaufgaben fahrlässig wahrnimmt, z.B. indem er übermäßige Risiken eingeht oder eine verlustbringende Tätigkeit fortführt. Ein solches Fehlverhalten erfordert nicht zwingend das Vorliegen von betrügerischen Maßnahmen oder arglistiger Täuschung, sondern kann das Ergebnis eines fahrlässigen Verhaltens des Geschäftsführers sein. Die Sanktionen variieren je nachdem, ob die Gesellschaft finanzielle Schwierigkeiten hat oder nicht.
I. Die möglichen Sanktionen, wenn die Gesellschaft keine finanziellen Schwierigkeiten hat (société in bonis)
1. Gesellschaftsrechtliche Sanktionen (sanctions sociétaires)
Die Gesellschafter können den Geschäftsführer von seinem Amt abberufen, indem sie sich auf ein Fehlverhalten oder einen Vertrauensverlust berufen. Diese politisch motivierte Sanktion kann finanzielle Folgen nach sich ziehen, nämlich einerseits den möglichen Wegfall des festen oder variablen Anteils der Vergütung des Geschäftsführers (Wegfall von aufgeschobenen Vergütungen wie Abfindungszahlungen) und andererseits die Verpflichtung des Geschäftsführers, seine Anteile zu einem geringen Wert abzutreten, sofern eine „Bad Leaver“-Klausel vereinbart worden ist.
Im Übrigen ermöglichen Managementfehler der Geschäftsführung grundsätzlich nicht die Kündigung des Anstellungsvertrags (Arbeitsvertrag, soweit vorhanden).
2. Gerichtliche Sanktionen (sanctions judiciaires)
Zu den gesellschaftsrechtlichen Sanktionen können gerichtliche Sanktionen hinzukommen. Eine davon ist die Zwangsanordnung (injonction sous astreinte), mit der die Erfüllung der Pflichten des Geschäftsführers gerichtlich eingefordert werden kann. Sie ist auf die Verletzung gesetzlicher oder behördlicher Verpflichtungen beschränkt.
Unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft kann der Geschäftsführer von der Gesellschaft und/oder den Gesellschaftern strafrechtlich, steuerlich oder zivilrechtlich haftbar gemacht werden:
• Strafrechtliche Haftung: Managementfehler der Geschäftsführung allein reichen nicht aus, es muss ein Vergehen oder ein Verbrechen begangen worden sein.
• Steuerliche Haftung: Managementfehler der Geschäftsführung allein reichen nicht aus, es muss ein betrügerisches Verhalten vorliegen oder schwerwiegende und wiederholte Steuerpflichtverletzungen begangen worden sein.
• Zivilrechtliche Haftung: Die zivilrechtliche Haftung kann allein aufgrund von Verletzungen der „ordnungsgemäßen Geschäftsführung“ erfolgen, ohne dass ein Verstoß gegen die Satzung oder das Gesetz vorliegen muss.
Gegenüber Dritten haftet der Geschäftsführer nur im Falle von Pflichtverletzungen, die nicht im Zusammenhang mit der Geschäftsführung stehen und vorsätzlich begangen worden oder besonders schwerwiegend sind. Andernfalls haftet die Gesellschaft, die dann wiederum gegen den Geschäftsführer klagen kann. In der Praxis setzt diese Klage der Gesellschaft die Abberufung des Geschäftsführers voraus, da der Geschäftsführer nicht gegen sich selbst klagen wird und etwaige Minderheitsgesellschafter eine solche Klage aus Kostengründen grds. nicht erheben.
Jedenfalls kann sich der Geschäftsführer nicht durch eine Entlastung oder eine Satzungsklausel von der Haftung befreien. Er kann sich jedoch der Haftung entziehen, wenn der Managementfehler auf die Ausführung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung zurückzuführen ist.
In der Praxis schließen Gesellschaften häufig eine „Geschäftsführer-Versicherung“ (oder D&O-Versicherung) im Namen des Geschäftsführers ab, die Managementfehler der Geschäftsführung abdeckt. Außer bei vorsätzlichem oder arglistigem Fehlverhalten des Geschäftsführers drohen diesem keine finanziellen Sanktionen.
II. Die möglichen Sanktionen, wenn die Gesellschaft finanzielle Schwierigkeiten hat (société en difficultés)
Im Falle finanzieller Schwierigkeiten der Gesellschaft können strafrechtliche Sanktionen (z. B. Bankrott) und berufsrechtliche Sanktionen (z. B. Privatinsolvenz, Verbot der Geschäftsführung) mit den oben genannten Geldstrafen kumuliert werden, sofern der Managementfehler des Geschäftsführers nicht auf einfacher Fahrlässigkeit beruht.
Im Falle einer gerichtlichen Liquidation und bei Pflichtverletzungen des Geschäftsführers, die zu einem Vermögensverlust beigetragen haben, kann der eingetragene oder auch faktische Geschäftsführer haftbar gemacht werden. Zu den Fehlern in der Ausübung der Geschäftsführung zählen insbesondere die unterlassene Durchführung einer analytischen Rechnungsführung, die Durchführung ungeeigneter Projekte und die Fortführung einer verlustbringenden Tätigkeit.
Es gilt Folgendes:
• Die Klage kann vom Insolvenzverwalter, der Staatsanwaltschaft und eventuell den Kontrollgläubigern eingereicht werden.
• Der Beweis des Managementfehlers und des Kausalen Zusammenhangs zwischen dem Fehler und dem Vermögensverlust muss erbracht werden. Der Fehler darf nicht auf einer einfachen Fahrlässigkeit beruhen.
• Gegebenenfalls muss der Geschäftsführer einen Teil der Verbindlichkeiten der Gesellschaft tragen.
• Bei mehreren Geschäftsführern: gesamtschuldnerische Verurteilung, wenn die Fehler von allen begangen wurden.
• Die Haftung für Kapitalunterdeckung ist häufig durch die Geschäftsführer-Versicherung abgedeckt.